Warum ist es problematisch, wenn Weiße Dreads tragen?

Eine Antwort auf die Frage haben wir in einem Text von accalmie gefunden:

« Die selbstbewusste Ablehnung weißer Schönheitsnormen durch Schwarze ist eng verknüpft mit der Entstehung derSchwarzen Bürger_innenrechtsbewegung in den USA, Black Nationalism und Black Power Movements. Bereits in den1920ern forderte Marcus Garvey, Gründer der Universal Negro Improvement Association: „Take the kinks out of yourmind instead of your hair,“ („Entferne die Knoten aus deiner Denkweise, statt aus deinen Haaren“) und wurde auchbekannt durch die öffentliche Weigerung, seine Haare zu glätten. Den Sexismus und Antisemitismus des BlackNationalism darf man nicht unter den Teppich kehren – was die Black Power-Bewegung der 1960er und 1970er Jahreallerdings bewerkstelligte, war die explizite Reklamierung und bewusste Aneignung „natürlichen“ Schwarzen Haarsals antirassistisches Widerstandszeichen. Das Styling „natürlicher” Schwarzer Haare – in Afros, Dreadlocks oder durch einfaches Offentragen – wurde als politisches Symbol institutionalisiert: als die Infragestellung universeller weißer Schönheitsideale, und als eine kulturelle Subversion rassistischer Normen und internalisierten Rassismus’. Essence, eine US-amerikanische Zeitschrift, die 1970 gegründet wurde und insbesondere afroamerikanische Frauen als Zielpublikum hat, nennt die „Black is Beautiful“-Bewegung der 1960er und 1970er Jahre “revolutionär“, und merkt an, dass allein die Tatsache, dass Schwarze Frauen, die ihre natürlichen Haare unbehandelt lassen, auch heute noch Nachteile im Berufsleben haben, ein Zeichen für die fortwährende Politik von Schwarzen Haaren ist. Dreadlocks oder Afros bei weißen Menschen sind somit durchaus „appropriation“, also eine Vereinnahmung Schwarzer Widerstandssymbole, wie Viruletta in ihrem (kontrovers diskutierten) Artikel bereits geschrieben hat. Das bedeutet nicht, dass man Weißen das Tragen jener Frisuren verbieten sollte oder könnte. Kritik an solchen Entscheidungen scheint jedoch berechtigt zu sein, und hat weniger mit vermeintlichem Essentialismus von „race“ zu tun, als mit einer gesellschaftlichen Kontextualisierung kultureller Praxen, Bewusstsein für politische Symbole und deren historische Aneignungsprozesse, sowie Reflektion über das weiße Privileg, dass nicht-Schwarze Haare in ihrem „natürlichen“ Zustand keine systematischen Vorurteile und negative Auswirkungen hervorrufen, denen man sich hier (wie Schwarze Menschen) demonstrativ entgegensetzen könnte. »

Dies ist ein Auszug aus: (maedchenmannschaft.net/die-politik-schwarzer-haare)
Sinnvoll ist es den ganzen Blogartikel zu lesen!

Warum ist das relevant fürs Antifee?

Das Antifee Festival ist kein Raum abseits der gesamtgesellschaftlichen Strukturen. Auch wir leben inmitten einer Gesellschaft, in der unter anderem heteronormative und sexistische, lookistische und rassistische Verhältnisse Normalzustand sind.

Akut hat uns folgender Kommentar zur Ankündigung des Festivals auf dem Blog Mädchenmannschaft über die Bedeutsamkeit der Thematik auf dem Antifee nachdenken lassen:

« Beim Göttinger Antifee darf wohl mal wieder mit einer hohen white people with dreadlocks Quote gerechnet werden…. (hoffentlich wird die Musik wenigstens wieder gut *grmbl*) »

Zum Weiterlesen:
(Sow, Noah (2009): Deutschland Schwarz Weiß: Der alltägliche Rassismus. München: W. Goldmann, S. 251-252.