Selbstverständnis

Antifee – queer_feministisches Festival. Trotz*t den Verhältnissen!

Nun ist schon das achte Antifee-Festival und wir sind immer noch nicht zufrieden mit der Welt. Sieht so die befreite Gesellschaft aus? Nein! Daher haben wir uns zusammengefunden um gemeinsam einen Raum zu schaffen, in dem wir trotz der Verhältnisse den Verhältnissen trotzen können und wollen.
Und das wollen wir auf unterschiedlichste Weisen tun: Wir möchten aus verschiedenen Perspektiven auf Gesellschaft blicken, eigene Praxen entwerfen, entdecken und hinterfragen, Kritik an eben jenen Verhältnissen üben, uns selbst reflektieren und dabei auch den Spaß nicht zu kurz kommen lassen. Außerdem sollen die zwei Tage Türen öffnen zu Themen, mit denen wir uns schon immer einmal beschäftigen wollten, dafür im Alltag aber keinen Platz und keine Energie hatten. Wir wollen in einen Austausch miteinander kommen und neue Inspiration finden. Somit soll sich die Wirkung des Festivals nicht nur auf die zwei Tage im Jahr beschränken.
Gleichzeitig soll auf dem Antifee nach dem stressigen Alltag (den Verhältnissen sei Dank …) aber auch mal wieder „aufgetankt“ werden können.
All das versuchen wir auf dem Antifee in Workshops und Vorträgen, beim Bühnenprogramm, durch Diskussionen und mithilfe einer unterstützenden Infrastruktur zu ermöglichen.

queer_Feminismus & DIY

Als queer_feministisches Festival möchten wir Gesellschaft abseits der Mainstream-Kritiken zu einem großen Teil mit dem Fokus auf Geschlecht (als systemstrukturierendes Element) kritisieren, wobei wir uns irgendwo zwischen queerer & feministischer Kritik bewegen wollen. Das bedeutet: sich Normen anschauen, Heteronormativität entschlüsseln, Alternativen zum Normalzustand entwickeln, Patriarchat stürzen und Geschlecht dekonstruieren zusammen_denken. Denn nur weil etwas dekonstruierbar ist, ist es noch nicht weg und Geschlecht ist weiterhin ein wirkmächtiges Konstrukt. Unter anderem deswegen halten wir geschütztere Räume immer noch für notwendig. (Siehe dazu auch unser Awareness- und Sicherheitskonzept)
Unser Anspruch an Politik ist weiterhin, dass jede Person für sich selbst sprechen kann und es nicht zu Repräsentationspolitiken oder Stellvertreter*innendebatten kommt.
Ganz praktisch sollen außerdem frei nach dem Motto „do it yourself“ – „mach es selbst“ Dinge getan (und gelassen) werden: So haben wir das Festival selbstorganisiert und unkommerziell aufgezogen, unzählige Stunden wurden in das Selbermachen gesteckt. Und dabei war queer_Feminismus keine abgeschlossene Sache für uns, wie ein Buch, das wir lesen und dann zur Seite legen können, sondern wir haben uns immer wieder inhaltlich mit Thematiken beschäftigt, sie uns selbst erarbeitet und die Festival-Organisation so zu einem nie abgeschlossenen (Selbst-)Prozess gemacht.
Zudem bedeutet DIY für uns ein Ausbrechen aus gesellschaftlichen Strukturen und Empowerment: Indem ich Dinge selbst machen kann und mir selbst beibringen kann, muss ich keine Leute mehr um Hilfe bitten, kann mich selbst entscheiden, wann ich wen nach was frage. So können wir aus unserem Festival unser eigenes Ding machen, die Bands, Künstler*innen und Referent*innen einladen, die wir hören/sehen/erleben wollen. Die wiederum ihre Songs selbst schreiben, ihr eigenes Ding machen und sich selbst organisieren.
(Zu verschiedenen Verständnissen des Begriffs ‚queer‘ klick außerdem hier, um unsere Diskussion zu sehen.)

Chancen & Grenzen

Apropos Künstler*innen und Referent*innen: Auf unserem Festival sollen Menschen, die in unserer Gesellschaft sonst eher wenig Raum bekommen, explizit viel Raum haben. Um cis-männlich dominierten Räumen etwas entgegen zu stellen, soll das Festival besonders F*L*T*I*iert sein. Daher haben wir bei der Besetzung von Sicherheits- und Ansprechgruppenschichten, bei der Einladung von Künstler*innen und Referent*innen sowie mit dem F*L*T*I*-Zelt und F*L*T*I*-Workshops versucht, gewohnte hegemoniale Bilder zu brechen.
In einem gewissen Sinne sehen wir so auch das Antifee als geschützteren Raum: Wir wollen einen Raum schaffen, in dem wir uns wohl fühlen können, auch beim Feiern, auch beim Musikhören, in dem wir nicht ständig befürchten, im nächsten Lied gleich wieder eine doofe Textzeile hören zu müssen. Wir wollen Zugänge auch zu Theorie schaffen, ohne dass der Polit-Macker alles besser weiß und ständig versucht, uns das klar zu machen. Ein Raum in dem ein gewisser Grundkonsens vorhanden ist, in dem Grundsatzdebatten nicht immer wieder von vorn geführt werden müssen, sondern in dem wir uns mit unseren eigenen Themen beschäftigen können oder uns neuen Themen widmen können. In dem wir der alltäglichen Scheiße nicht so krass ausgesetzt sind, sondern wir auch mal atmen können.

Aber was gesellschaftliche Verhältnisse angeht, sind auch uns Grenzen gesetzt. Erstens wirken Strukturen auch in unserem Plenum (siehe Selbstpositionierung) und zweitens können wir nicht alle Barrieren in dieser Gesellschaft aufweichen, damit wirklich alle, die wollen, zum Antifee kommen können (siehe Barrieren).

Von der Szene für die Szene

Doch wer ist eigentlich dieses „wir“? Einerseits sind das wir, das Plenum, das das diesjährige Antifee organisiert. Aber andererseits sind das wir alle, die wir dieses Festival besuchen. Wir verstehen das Antifee als ein Festival von der Szene für die Szene und so ist auch „die Szene“ daran beteiligt, das Festival zu dem zu machen, was es ist oder werden soll. Gruppen organisieren Workshops, Einzelpersonen übernehmen Schichten, Freund*innen des Antifees gehen auf Solipartys, damit das Festival finanziell eine Chance hat, oder organisieren diese sogar.
Das Antifee soll uns allen Raum zum Austausch, zur Diskussion und zur Vernetzung sein. „Die Szene“ soll sich selbst reflektieren können, denn auch innerhalb der linken Szene wirken Mechanismen, gibt es Barrieren, cis-männliche Dominanz, Themen, die wenig beachtet werden, etc. Zudem hoffen wir, dass unser Festival in gewisser Weise niedrigschwelliger ist als z.B. eine Diskussionsveranstaltung und so die Szene etwas geöffnet wird und neue Zugänge zu linksradikaler, emanzipatorischer Politik geschaffen werden können.
Dabei wollen wir übrigens nicht quantitativ viele Leute ansprechen, sondern vor allem Personen, die unterschiedlichen strukturellen Mechanismen unterworfen sind und die dadurch vielleicht besonders wenig Zugang zu Festivals, feministischer Politik oder Theorie haben.
Und so wünschen wir uns, dass das Antifee auch weiterhin auf einer breiten Basis gebaut ist und das Orga-Plenum zwar den Raum stellt, dieser dann aber gemeinsam gefüllt wird. Darauf haben wir in diesem Jahr einen besonderen Fokus gelegt und würden nun auch gerne die Nachbereitung gemeinsam angehen. Daher freuen wir uns auf ein solidarisches und gutbesuchtes Reflektionstreffen am 24. Juni 2014 um 17 Uhr. (Rückmeldungen per Mail gerne an: mitmachen [at] antifee.de)

Und nun: Viel Spaß auf dem Antifee 2014!
eure Antifees

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