kreuz & queer

person pink: hey sag mal, du studierst doch irgendwas mit geschlecht!

person lila: ähm, ja. geschlechterforschung.

pink: ach ja genau, ehm, also… am wochenende ist diese party…

person violett: ja klar, vom queer kollektiv, das wird super!

pink: ja, da würd ich auch so gern hin… aber also… was heißt denn queer?

lila und violett: …

pink: also wer ist denn queer? oder was?

lila: na…also… queer… da gibt’s gar nicht so die eine definition… also… das ist von situationen abhängig…und von menschen und…. hmm.

violett: naja, aber es gibt ja schon eine geschichte von queer! die wird nämlich gern vergessen, grad wenn in der uni über queer geredet wird! das haben sich ja nicht weiße profs oder so ausgedacht… also, queer, das wort haben vor allem Schwarze Trans*menschen in den usa benutzt, als sie gegen die polizei rebellierten, weil sie permanent verfolgt und unterdückt wurden! also, das wort queer hat voll die widerstandsgeschichte! von Schwarzen, die sich gegen unterdrückung gewehrt haben und Trans*menschen die unter der cis*normierung litten!

pink: ach was, ist ja spannend! aber… was heißt nochmal cis?

lila: na halt eben nicht Trans*… aber…also, klar, das ist total wichtig, diese geschichte nicht zu vergessen…aber meinst du nicht, das queer mehrere erzählungen haben kann? also für mich heißt queer, das feminismus nicht nur die befreiung der frauen von der männlichen herrschft ist, sondern das feminismus alle formen der unterdrückung sehen und bekämpfen muss, also für Schwarze frauen ist seximus anders als für weiße und für lesbische anders als für heteras und da gibt’s noch so viel mehr, was da rein spielt, klassismus, ableismus…

pink: oh mist, ich bin überfordert…also…queer heißt, das feminismus nicht nur für frauen und gegen sexismus ist, aber, was hat denn queer dann überhaupt mit feminismus, also, geht’s dann nicht woanders drum?

violett: naja doch aber…also ich finde, queer ist mehr als feminismus…also… queer ist auch mehr als queer-feminismus…queer ist irgendwie auch ne lebensform, ne identität, die nicht reinpassen will, in heterosexuelle normen und regeln und überhaupt diese regeln von normalität und so!

lila: ja, queer kann schon ne lebensform sein, aber queer ist total politisch! und feminismus braucht nämlich queer, weil mancher feminismus ist nämlich selbst voll sexistisch, weil es gibt mehr als mann und frau, deshalb brauchen wir queer in feminismus, damit feminismus wieder radikalisiert wird! weil eigentlich ist feminismus ohne queer gar keiner!

pink: hmm…aber also…ich hab jetzt in meiner politgruppe durchgesetzt, dass die redner*innen liste quotiert wird…war das dann voll unfeministisch?! scheiße!

violett: nein, nein! total super! aber das allein ist noch nicht feminismus… also wir müssen diese ganzen andren formen von unterdrückung halt auch in den blick kriegen!

pink: hmpf… aber du studierst doch geschlecht und du bist doch in diesem queer-kollektiv?

lila: ja…schon…

pink: aber…müsst ihr dann nicht wissen, was queer ist?

lila und violett: (lachen) ja, schon…

violett: also…wie gesagt, da gibt’s nicht nur eine definition…sondern viele

lila: na dann…. also….:

dieses gespräch ist aus erfahrungen, die auch wir teilweise gemacht haben, zusammengebastelt. unter anderem wollten wir damit zeigen, welche schwierigkeiten und verwirrungen der begriff queer stiften kann, wenn wir uns in queer_feministischen szenen bewegen. das gespräch und die aussagen der gesprächspartner*innen sollten keine definitionen liefern, sondern diese verwirrungen anreißen.

es gibt nicht (die) eine erzählung von queer. vielmehr halten wir queer für ein w_ort, das offen ist, für konflikte, diskurse und verschiedene bedeutungen und geschichten. aufgrund dieser offenheit durch die nicht vorhandene klarheit einer definition verliert queer nicht an politischer schlagkraft, da queer diskurse wieder öffnet, die wichtige politische kämpfe darstellen. uns ist aber auch wichtig, beim füllen und erkämpfen von queer nicht die verantwortung, die die benutzung des begriffs mit sich bringt, außer acht zu lassen: es gibt zwar nicht eine einzige erzählung von queer. aber es gab und gibt kontexte und politische auseinandersetzungen in denen um_mit queer gekämpft wurde. beim füllen von und kämpfen um dieses w_ort geht es einerseits darum, das queer für verschiedene menschen in verschiedenen kontexten verschiedene be_deutungen hat. andererseits geht es darum, nicht nur die eigenen be_deutungen von queer im blick zu haben, sondern auch andere kontexte, menschen und erzählungen in denen andere gedanken_gefühle_meinungen existieren. eine füllung_erkämpfung_benutzung des begriffs queer kann keine an_eignung sein, in der eine einzige definition oder erzählung beansprucht wird und andere menschen, erzählungen und kontexte ent_eignet oder verschwiegen werden.

das antifee ist ein queer_feministisches festival. wir wollen auf diesem festival anhand von uns als relevant empfundenen themen diskurse öffnen, auseinandersetzungen anregen und konflikte als positive momente politischer praxis zelebrieren. uns hat der begriff queer mit solchen spannenden konflikten_diskussionen bereichert. wir haben durch queer verschiedene erzählungen und gedanken zusammengeführt und uns damit aus_einander_gesetzt. wir halten queer für unentbehrlich für feminismus, da es erzählungen von feminismus gibt, die uns nicht weit genug gehen. für uns geht feminismus nur mit queer. queer ist die radikalisierung von feminismus, die mechanismen über den der unterdrückung von „frauen“ durch „männer“ hinaus in den blick nimmt. aber das heißt auch, dass queer dazu führt, dass wir unsere blicke schärfen müssen, um diese mechanismen und verhältnisse konsequent wahrzunehmen, uns ihnen bewusst zu werden und ihnen zu trotzen. gleichzeitig müssen wir uns im klaren sein, dass wir durch unserere position_en innerhalb der gesellschaft manche verhältnisse übersehen und weil wir teil dieser verhältnisse sind, diese und andere re_produzieren. deshalb beinhaltet queer_feminismus auch radikale selbstkritik.